Text: FRANZ STEINEGGER ("Boote der Urschweiz", 29.07.2015)
MUOTATHAL: Im Hölloch lebt eine Spinnenart, die es nur hier gibt- möglicherweise ein Relikt aus der Eiszeit.
Es sieht aus wie ein kleiner Skorpion, ist aber eine Spinne. Das Tierchen gehört deshalb zur Familie der «Falschen Skorpione», das vorliegende heisst «Pseudoblothrus infernus Mahnert». Es wäre nicht der Rede wert, wenn es sich nicht um eine Tierart handeln würde, die bisher nur und ausschliesslich im Hölloch nachgewiesen wurde.
Forscher der Arbeitsgemeinschaft Höllochforschung fanden die kleine Spinne 2011. Der Zoologe Volker Mahnert identifizierte das braun-weisse Tierchen, das über zwei Greifzangen verfügt, als eine neue Art. Dem Fundort entsprechend erhielt es den Zusatznamen «infernus»
(unterirdisch). Die Entdeckung sei «äussert ungewöhnlich und ein Riesenzufall», kommentiert der Zoologe den Fund.
Viele Fragen seien noch ungeklärt und würden es vielleicht auch bleiben. Das
eingefangene Exemplar ist in einer Flüssigkeit im naturhistorischen Museum
Genf eingelagert, wo Volker Mahnert Direktor war.
Um neue Erkenntnisse über diese Tierart zu gewinnen, müssten weitere Exemplare - am liebsten weiblichen Geschlechts - aufgespürt werden, denn das vorliegende aus dem Hölloch ist männlich. Aufgrund der geringen Körpergrösse, der Dunkelheit und der Tatsache, dass das Tier hauptsächlich in Spalten und Ritzen lebt, ist nicht auszuschliessen, dass es bei diesem einen Fund bleibt. Pseudoskorpione sind Spinnentiere, die vermutlich während der
Eiszeit, vor etwa 50 000 Jahren, durch Zufall in eine Höhle gelangt sind und sich dort halten konnten und dem Leben unter Tag angepasst haben. Da sich ihre Augen in der Finsternis zurückgebildet haben, orientieren sie sich aufgrund von chemischen Reizen, Schwingungen und Luftströmungen. Sie fressen Milben, Springschwänze und Insekten.